wir haben gelernt, dass wenn wir NEIN zu etwas sagen bzw., wenn wir etwas wollen, was eine andere Person nicht will, dann geht eben diese Person aus dem Kontakt mit uns und wir werden zurück gewiesen, allein gelassen, bestraft!
Bist du auch so ein Ja-Sager, der möglichst nicht anecken will und unbedingt Harmonie braucht? Hältst du es auch kaum aus, wenn ein anderer Mensch böse auf dich ist – vor allem dann, wenn dieser Mensch dir viel bedeutet? Und ist es dir fast unmöglich, NEIN zu sagen, wenn du dafür wieder mit no-contact, Abwertung oder psychischer/physischer Gewalt rechnen musst?
Im Grunde ist es ja spannend, dass es Menschen gibt, die überhaupt kein Problem damit haben, NEIN zu sagen, während andere sich furchtbar schwer damit tun. Wie kann so etwas möglich sein und warum gehören wir nicht zu den NEIN-Sagern? Das würde uns doch viel mehr Optionen ermöglichen und dann wäre unser JA auch ein ehrliches JA und keines, das aus Angst vor Strafe entstand.
Tja, lass uns mal gemeinsam der Sache auf den Grund gehen, es ist nämlich tatsächlich sehr interessant. Und – wie immer: Um eine Veränderung zu erwirken, müssen wir erstmal den Mechanismus verstehen, der bislang abläuft.
Du ahnst es schon…..wir müssen natürlich wieder einmal mit dem Blick zurück in die Vergangenheit, in die Kindheit, genauer gesagt, in die Zeit der ersten Abnabelung. Die ist zumeist um das 2. Lebensjahr herum. Da beginnt die Trotzphase, das Kind entdeckt, dass es sich dem Willen der Mutter und anderer Bezugspersonen widersetzen kann und das findet es erstmal dermaßen toll, dass es zu allem NEIN sagt! „Nein, ich will diese Schuhe nicht anziehen, NEIN, ich will das nicht essen….usw.“ Wir Erwachsenen finden das häufig recht lustig, für das Kind ist es aber ein enorm wichtiger Schritt und die Reaktion der Eltern entscheidet letztlich darüber, ob das Kind ein JA-Sager wird oder ob es später zu seinen Bedürfnissen stehen und diese einfordern kann. Auch das Thema Abgrenzung hat mit NEIN-Sagen zu tun. Wenn ich das nicht kann, dann kann ich auch keine Grenzen setzen und jeder latscht in meinem Lebensgarten rum und trampelt alles nieder.
Beispiel: Deine Freundin fragt dich, ob du heute Abend mit ihr ausgehst. (Ok, derzeit etwas unrealistisch, aber theoretisch… :-)) Du hast keine Lust und möchtest lieber Zuhause bleiben. Nun steckst du in einem Dilemma und wie entscheidest du dich? Sagst du JA, dann ist die Freundin happy und du bringst dich um deinen gemütlichen Abend. Sagst du NEIN, dann hast du den gemütlichen Abend, aber eine enttäuschte Freundin. Was also tun?
Meine Annahme wäre: Wenn die Freundin empathisch und wertschätzend ist, dann wirst du dich vielleicht getrauen, ihr eine Absage zu erteilen, weil du keine schlimmen Konsequenzen fürchten musst. Das wäre in einer Freundschaft ja auch wünschenswert. Wie aber sieht es aus, wenn du mit einer negativen Konsequenz rechnen musst auf dein NEIN? Gerade narzisstische Partner haben ja eine extrem hohe Kränkbarkeit! Ich sage immer: „Narzissten teilen mit Boxhandschuhen aus und wollen mit Samthandschuhen angefasst werden!“ Aus dieser Kränkbarkeit heraus und natürlich auch zum Zwecke der Manipulation, wird der Narzisst auf ein NEIN mit Bestrafung reagieren. Entweder er ist beleidigt und zieht sich zurück, oder er brüllt rum und beleidigt dich, oder er droht dir mit dem Ende der Beziehung … ein bunter Strauß von Bestrafungsoptionen.
Diese führen am Ende dazu, dass wir immer häufiger JA sagen, wo wir NEIN meinen, weil wir die Konsequenzen fürchten, das Theater, das entsteht, die tagelange Folter, das schlechte Klima für die Kinder usw. Also gehen wir immer mehr von unserer Wahrheit und auch von unserer Bedürftigkeit weg hin zu „Sein Wille geschehe!“
Zumeist haben wir schon in der Kindheit die Erfahrung gemacht, dass unser NEIN nicht gut ankam. Schwache Eltern können mit einem NEIN des Kindes nicht umgehen. Sie erleben es als „gegen sich gerichtet“, dabei bezieht sich das Kind lediglich auf die Schuhe, die es nicht tragen will. Und es geht um das Autonomieerleben, das so ein Kleinkind ja zum ersten Mal erlebt. Es will sich also nicht gegen den Elternteil auflehnen, sondern für sich selbst sorgen. Das kapieren viele Eltern nicht und nehmen es sozusagen persönlich. Bei narzisstischen Elternteilen ist es so oder so der Fall und damit lernt das Kind, wenn ich NEIN sage, ist meine wichtigste Bindungsperson sauer mit mir und schimpft mich bzw. schaut mich ganz böse an. Damit fällt für das Kind mehr und mehr die Entscheidung, sich anzupassen, um die Mutter nicht zu frustrieren. Wir sind unbedingt und absolut auf das Wohlwollen unserer Mutter angewiesen – wenn sie uns nicht mehr versorgt, sterben wir. So zumindest ist es in unserem System angelegt.
Später, in der Partnerschaft mit einem Narzissten, läuft dieses Programm wieder ab. „Ich kann diesen Streit nicht riskieren! Ich hab eh keine Chance, er wird mich so lange quälen, bis ich nachgebe. Dann kann ich auch gleich JA sagen! Im Streit mit dem Partner fühle ich mich so verloren, manchmal fast, als würde ich sterben!“
Dieser uralte Mechanismus, den wir als 2-jähriges Kind gelernt haben, führt also HEUTE noch dazu, dass ich überangepasst reagiere und Disharmonie nicht aushalten kann.
Muss das so bleiben? Du ahnst es schon…..hihi….natürlich nicht! Wir können Situation neu bewerten lernen und somit unser Nerven- und Körpersystem quasi aktualisieren. Ein update vornehmen und nachreifen lassen. Schließich sind wir heute erwachsen und nicht mehr überlebensnotwendigerweise auf den Partner angewiesen. Es fühlt sich vielleicht so an, ist aber nicht die Wahrheit. Wir glauben, dass es so ist, aber Glaubenssätze sind eben keine Wahrheiten, sondern nur Annahmen.
Mit diesem Thema und auch den traumatischen Folgen, die sich daraus ergeben können, beschäftigen wir uns im nächsten Monat April im inner-circle. Ist es DEIN Thema, dann komm gerne dazu. Wenn du dir unsicher bist, ob die narzisstische Beziehung dich traumatisiert hat oder vielleicht sogar schon deine Kindheit, dann ist der Monat April mit dem Thema TRAUMA genau deines! Vielleicht magst du in nächster Zeit mal ganz bewusst darauf achten, wie häufig du JA sagst, wo du NEIN meinst! Und vielleicht magst du auch dabei sein, wenn wir uns der Frage stellen: „Bin ich durch den narzisstischen Missbrauch traumatisiert?“
Schöne Ostertage wünsche ich dir und – da wir vom 4.4.-10.4. Urlaub machen – sehen wir uns am Sonntag, 11.4. um 20 Uhr im inner-circle wieder.
Eine gute Zeit bis dahin und schick mir gerne dein Thema zu, das du gerne besprochen haben möchtest und wo dir Antworten und Auswege fehlen!
Herzliche Grüße Angelika