Das ist leichter gesagt als getan! Wenn man sich schwach und elend fühlt, dann ist Mut einfach sehr weit entfernt. Wie soll man sich aufrappeln, wenn man kein Selbstwertgefühl mehr hat, wie soll man den nächsten Schritt machen, wenn man gar nicht weiß, in welche Richtung!
Verwirrung und ein heilloses Durcheinander sind sicherlich Auswirkungen einer toxischen Beziehung. Es fehlt die notwendige Sicherheit in die eigene Entscheidungsfähigkeit, weil man vom Narzissten für alles kritisiert wurde, klein gemacht und abgewertet. Nun weiß man selbst nicht mehr, was richtig und falsch ist. Woher soll dann die Kraft zum Ausstieg kommen oder zum Finden eines neues Weges.
Wir verharren in dem inneren Spannungszustand von „Ich weiß, dass es so nicht weitergeht“ und „Ich kann es einfach nicht“. Diese Dissonanz, dieses Dilemma und dieser Spagat entzieht uns weiterhin Kräfte, die wir dringend für den Weg nach vorne bräuchten. So drehen wir uns im Kreis. Wenn wir überzeugt sind, gehen zu wollen und müssen, dann fehlt uns im letzten, entscheidenden Moment der Mut dazu. Der Narzisst ängstigt uns vielleicht mit seinen düsteren Zukunfttsprognosen, mit moralischen Schuldvorwürfen, mit Drohungen, die Kinder betreffend und/oder damit, dass er uns das Leben zur Hölle machen wird, wenn wir gehen.
So kommen wir irgendwann an den Punkt, wo wir selbst nicht mehr an uns glauben und im Grunde resigniert haben. Wir geben nach und damit auf, finden uns ab mit dem unabänderlichen Schicksal, in dem wir gefangen sind. Wir verleugnen uns selbst und lassen uns damit auch selbst im Stich. Wir haben keine Hoffnung mehr und deshalb ist es so enorm wichtig, dass wir Hilfe von außen annehmen. Dass wir uns zusammentun mit anderen Betroffenen und dass wir uns von außen begleiten und motivieren lassen, um wieder Mut zu fassen und Schritte nach vorne zu tun.
Mut ist sicherlich bei manchen stärker ausgeprägt als bei anderen. Am Ende einer toxischen Beziehung ist er jedoch bei den meisten von uns verloren gegangen. Wir wurden so häufig so sehr bestraft, wenn wir etwas gegen den Willen des Narzissten unternahmen, dass wir nun wie paralysiert und erstarrt jede Bewegung vermeiden. Wir sind ausschließlich ausgerichtet darauf, den Narzissten zufriedenzustellen bzw. keine Fehler zu machen, um der Strafe zu entgehen. Wir sind versklavt und so voller Angst, dass wir an eine positive Zukunftsgestaltung überhaupt nicht denken mögen.
Und doch schaffen es täglich, wöchentlich und monatlich mehr und mehr Betroffene hier, den Aussteig zu vollziehen. Wie kann das sein? Wo liegt da der Unterschied? Warum trauen sich diese Opfer und was muss ich tun, um auch dazuzugehören?
Der erste Schritt ist der schwerste und der wichtigste. NIMM HILFE AN!! WENN DU ES ÖFTER ALS 2 X VERSUCHT HAST, DANN NIMM HILFE AN, DENN DANN SCHAFFST DU ES NICHT ALLEINE!!
MUT IST EIN MUSKEL, DER TRAINIERT WERDEN WILL. ES IST EIN PROZESS, IN DEN WIR UNS BEGEBEN, WENN WIR MUTIG WERDEN:
Dabei gilt es immer abzuwägen, was mutig ist und was leichtsinnig, was angemessen und was unterwürfig. Da uns zumeist genau diese Einschätzung schwer fällt, ist es gut, wenn wir uns mit anderen Betroffenen abgleichen. Ansonsten leben wir nur von der Rückmeldung des Narzissten und dieser richtet diese natürlich nur nach seinen eigenen Bedürfnissen aus. Somit wird seine Einschätzung kaum realistisch sein und schon gar nicht in unserem Sinne.
Mut ist für mich das Gegenteil von Angst.
Mit Angst kann man Menschen in Gefangenschaft halten ohne Zäune und Mauern. Über Jahre oder gar Jahrzehnte, manchmal sogar ein Leben lang kann die Angst so krasse Auswirkungen haben, dass wir nur noch ein mini kleines Leben führen, wie in einer Streichholzschachtel.
Wir gewöhnen uns an die Behandlung unseres Peinigers, vielleicht wurden wir schon als Kind zu Hause so oder ähnlich behandelt, wir geben alle Widerstände auf, weil wir schon als Kind die Erfahrung gemacht haben, dass wir gegen den Feind nicht ankommen, dass wir keine Chance haben, dem Elend zu entrinnen. Also versuchen wir es uns schön zu reden, indem wir es herunterspielen, dass ja nicht alles schlecht ist, dass der Narzisst auch gute Seiten hat oder hatte, dass wir vielleicht auch einen Teil der Schuld mittragen, dass wir sowieso keinen anderen Partner mehr finden würden usw. Um dem inneren Druck der Demütigung zu entgehen, relativieren wir das Leid. Das ist ein zutiefst menschlicher Mechanismus, um den inneren Druck zu minimieren, und um noch einigermaßen vor uns selbst bestehen zu können, denn eigentlich müssten wir sagen: „Ich schäme mich, dass ich mich so behandeln lasse! Ich bin nicht mehr ich selbst, ich verrate meine Seele und verliere meine Würde!“
An dieser Stelle kann es helfen, sich bewusst zu machen, dass all diese Entwicklungen der manipulativen Vorgehensweise des Narzissten geschuldet sind. Wir haben als Opfer häufig „gute Voraussetzungen“, will heißen, eine hohe Anpassungsfähigkeit, eine enorme Leidensfähigkeit und zumeist die Erfahrung aus der Kindheit, dass sich-Wehren nicht geht, nichts bringt bzw. alles noch schlimmer macht. Mit dieser Konstellation hält uns der Narzisst unbegrenzt in seiner Macht, darf er doch sogar darauf hoffen, dass wir uns durch eigene Selbstzweifel und durch allzu große Angst von alleine fügen, irgendwann muss er gar nicht mehr viel machen. Wir sind so geschwächt und verunsichert, dass wir auch ohne Mauern und Stacheldraht im Gefängnis hocken bleiben.
Wie schaffe ich die Wende, wie komme ich zu dem Mut, den es braucht, um etwas zu verändern?
Nun, ich würde euch gerne an dieser Stelle eine Liste mit 3 Tipps geben, jedoch ist es nicht ganz so einfach. Die gute Nachricht ist, dass es geht, definitiv und nachweislich. Allerdings ist es gewissermaßen ein Prozess. Wir müssen innerlich (wieder) wachsen, immer mehr dem toxischen und damit verwirrenden Einfluss entkommen. Uns mehr mit der Lösung als mit dem Problem beschäftigen und uns häufiger mit Menschen umgeben, die schon auf diesem Weg sind als mit denen, die sich im Kreis drehen. UND – das ist ganz entscheidend – wir dürfen uns erst einmal nicht selbst unter Druck setzen. Als Ziel kann es schon völlig genügen, sich aktiv in die Gesellschaft derer zu begeben, die schon da sind, wo ich hin will, ohne dass ich mich zu irgendetwas verpflichten muss.
Ich lasse mir selbst die Wahl zu entscheiden, was ich aus diesen neuen Informationen mache, wie ich entscheide und ich darf erstmal so lange in der Beziehung bleiben, bis ich selbst den Wunsch und die Kraft zum Ausstieg empfinde. Das Ziel des Anschlusses an eine solche Gemeinschaft ist erst einmal, dem toxischen Einfluss etwas Gesundes entgegenzusetzen und das Ziel am Ende ist es, die Wahl zu haben. Aus den richtigen Gründen beim Narzissten zu bleiben oder die Erkenntnis zu haben und die Angst soweit zu verlieren, dass der Ausstieg gemacht werden kann, wenn dies gewünscht wird. Jeder bleibt Herr seines Lebens, bzw. wird es vermutlich erstmal wieder nach langer Zeit.
„Ich habe die Wahl!“
Das wäre das Ziel und der Ausstieg aus der Versklavung und aus der Gefangenschaft. Wenn du das nicht voll Überzeugung von dir sagen kannst, dass du die Wahl hast in deinem Leben, dann wäre jetzt nur eine ganz kleine Portion Mut nötig, um dich einmal in eine Gemeinschaft zu begeben mit therapeutischer Begleitung und dem Ziel, diese Wahl im Leben (wieder) oder vielleicht sogar erstmals zu erlangen. Ich verspreche dir, wenn dieses Gefühl einmal bei dir angekommen ist, dann gehst du nie wieder auch nur 1 Schritt zurück! Denn dann bist du frei in deinen Entscheidungen, die Angst frisst dich nicht mehr auf und du lebst so wie du möchtest. Du entfaltest dein Potenzial und blühst auf. Es braucht jetzt nur eine ganz kleine Portion Mut!
Aber reicht es dazu nicht, in der fb-Gruppe zu sein und sich dort auszutauschen?
Jein! Diese Gruppe ist ein guter Einstieg und für den Anfang sicherlich hilfreich. Um allerdings an den eigenen Themen aktiv zu arbeiten und letztlich voranzukommen, ist zumeist mehr notwenig. Ich vertrete die Devise, dass jeder erstmal selbst schauen soll, dass er sein Ziel erreicht. Bevor wir es nicht versucht haben, können wir nicht wissen, ob wir es schaffen. Wenn wir aber nach 2-3 Versuchen nicht an dem Ziel ankommen, das wir möchten oder auch brauchen, dann ist Hilfe von außen wichtig. Manchmal zögern wir, weil wir für uns kein Geld ausgeben wollen, nichts in uns investieren. Machmal zögern wir auch, weil wir keine Hoffnung haben, dass uns jemand helfen kann, weil doch alles so verfahren ist. Aus diesen Gründen haben wir das Format der online-Selbsthilfe-Gruppe inner-circle gegründet. Dort kannst du für ganz kleines Geld und mit der Möglichkeit, jederzeit wieder auszusteigen, diese Hilfsmaßnahme testen. Probier es aus und erfahre selbst, wie gut der Austausch tut. Der kleine Schritt, die kleine Portion Mut, die Hemmschwelle haben wir so niedrig gesetzt, damit jedes Opfer die benötigte Hilfe bekommen kann. Im Austausch mit anderen Betroffenen und mit meiner fachlichen Expertise. Hilfe, die ins Haus kommt, damit du raus kommst!