Wenn wir uns schlecht behandeln lassen, dann weil wir es kennen! Wenn wir in einer toxischen Beziehung bleiben, dann weil wir Angst vor dem Ausstieg haben! Wenn wir Kinder in einem destruktiven Umfeld aufwachsen lassen, dann weil wir Angst haben, es allein nicht zu schaffen. Wenn wir Gewalt nicht auflösen, dann weil irgendein Teil in uns Gewalt kennt!
Zugegeben, manchen von euch mag diese Einleitung aufstoßen,
manche mögen denken, ich kenne doch ihre Geschichte nicht, ihre Biografie. Und wie kann ich mir dann anmaßen, solche Thesen aufzustellen. Well – ich arbeite seit vielen Jahren ausschließlich mit Opfern von Narzissten. Mit Partnerinnen und Partnern, mit Söhnen und Töchtern, mit Angehörigen, mit Kollegen, und Geliebten. Ich erlebe, wie diese Menschen zu mir kommen, wie wir in der Therapie an den Kern der Themen kommen, wie wir die Wurzeln ausreißen, die nicht mehr hilfreich sind und wie die Verwandlung vonstattengeht. Wie alte Muster über Bord geworfen werden, wie alte Glaubenssätze voll Wut und Erstaunen entdeckt und umgewandelt werden. Wie das ICH überhaupt erst entwickelt werden kann, nachdem der Narzisst uns komplett an die Wand gefahren hat.
Wie schade, denke ich mir dabei oft, wenn andere Betroffene diesen Prozess nicht durchlaufen. Wenn sie quasi „nur“ dem Narzissten die Schuld geben (die hat er natürlich, aber wir schauen mal über den Tellerrand hinaus), wenn sie nur auf der Symptomebene jahrelang leiden, sich beschweren, jammern…und doch nicht vom Fleck kommen. Wie traurig, wenn Kinder in diesem Strudel von Emotionen, in diesem Feld von Feindseligkeit, Missachtung, Entwürdigung groß werden (müssen) und ihrerseits nur (passiv-aggressive oder auch offene) Gewalt kennenlernen.
Welches Bild von Beziehung geben wir ihnen? Wie leben wir ihnen die Rolle als Mann und Frau vor? Wundern wir uns tatsächlich, wenn sie später einen ähnlichen Partner wählen und ähnliche Probleme kriegen? Und ich schwinge jetzt mal tatsächlich die moralische Keule: Ist es nicht in unserer Verantwortung, dies zu verhindern? Bitte mich jetzt nicht falsch verstehen: Ich bin sehr dafür, dass man Beziehungen nicht gleich hinwirft und sich auf die Suche nach was Neuem macht. Wenn aber ein Leiden über Jahre besteht und es keine Krise ist, die zeitlich befristet und eine echte Begründung hat (Arbeitslosigkeit oder Krankheit z. B.), sondern wenn es im Charakter des Anderen angelegt ist, in dessen Wesen verankert, dann kann das Bleiben auch unterlassene Hilfeleistung für uns selbst und für die von uns abhängigen Kinder sein.
So – jetzt kehren wir mal die Medaille um und schauen auf die positive Seite! Was es alles zu gewinnen gibt, wenn wir uns befreien! Zugegeben – es ist ein Prozess und zugegeben, es dauert eine gewisse Zeit. Wir können keinen Schalter umlegen und sind dann frei. Wir können nicht von Montag auf Dienstag unsere inneren Programmierungen verändern, aber wir können in den Prozess einsteigen und damit den Auslöser drücken für eine bessere Zukunft. Ich werde nicht müde zu propagieren, dass es sich lohnt, dass dieses Leiden nicht sein muss und nicht sein darf.
Mit dem Narzissten wiederholen wir einen Schmerz, den wir aus der Kindheit kennen!
Denn Leiden macht krank, es macht schwach, es macht unmündig und es macht mich richtig sauer, das manchmal zu sehen! Es gibt einen Weg da raus, ich bin ihn selbst gegangen und begleite tagtäglich andere Betroffene dabei. Dieses Strahlen, dieses Aufblühen, wenn sie die Fesseln abwerfen. Und mit Fesseln meine ich nicht mal nur den Narzissten, sondern tatsächlich die Fesseln des Ursprungs. In 95% der Fälle wiederholen wir mit dem Narzissten einen Schmerz, den wir schon aus der Kindheit kennen. Wir lassen nicht los, weil wir diesen um jeden Preis überwinden wollen. Nur – wie wir es machen, wiederholen wir nur den Schmerz aus der Kindheit und kommen keinen Schritt weiter. Was spricht eigentlich dagegen, in dich und dein Leben zu investieren für eine bessere Zukunft?
- Du bist es dir nicht wert!
- Du hast Angst, dass du es alleine nicht schaffst!
- Du befürchtest, nie mehr einen anderen Partner zu finden!
- Du hast (dich) aufgegeben!
- Du bist dir nicht sicher, ob nicht du die Böse bist (und froh sein musst, dass er noch da ist!)
Diese 5 Gründe sind Ausstiegs-Verhinderer. Jeder Grund für sich reicht aus, uns zu blockieren und gefangen zu halten. Angst ist größer als Mut, wir haben unsere Intuition verloren, können unserer Wahrnehmung nicht mehr vertrauen und sind uns unsicher, ob Trennung wirklich der richtige Schritt ist. Der Verlust fühlt sich (fast) an wie sterben. Wir denken sogar, dass wir die Trennung womöglich nicht überleben.
Wir haben Angst zu bleiben und wir haben Angst zu gehen!
Wie lange macht dein Körper wohl diesen Spannungszustand unbeschadet mit? Wie lange kann deine Psyche dieses Dilemma aushalten? Monate oder Jahre? Jahrzehnte? Und wann kollabiert das Ganze? Wann faltet es dich so zusammen, dass du tatsächlich nur noch schwer aufstehen und zusammenflicken kannst, was er oder sie von dir übrig gelassen hat? Und das alles ist dann Liebe??? Wach auf! Ich weiß wohl, dass es nicht leicht ist, aber es ist auch nicht leicht zu bleiben und weiter die Schikanen auszuhalten! Ich werde nicht müde, euch aufzurütteln und immer wieder auch die Klienten zu Wort kommen zu lassen, die den Prozess schon hinter sich haben.
Hör auf, dich (ausschließlich) mit dem Narzissten zu beschäftigen und fang an, dich zu fragen, was dich in diese Situation gebracht hat, wie es dir wirklich geht und was du für deine bessere Zukunft tun kannst. Er dreht sich eh schon um sich, da musst du es nicht auch noch tun.
Verschwende nicht weiter dein Leben an einen Menschen, der es nicht würdigt! Liebe kann man nicht verdienen – sie kommt zu uns, sie wird geschenkt oder eben nicht! Manipulation ist keine Liebe! Es ist, was es ist – Manipulation und Ausbeutung! Ich wünsche dir, dass du es hinter dir lassen kannst, die schlechte Behandlung, die Demütigung, die Ausbeutung, die Herabwürdigung, das Ausnutzen, die Machtspiele, die Dramen, die endlosen Diskussionen, die Angst, das Zittern und Beben, die Unsicherheit, die Anspannung, die Hilflosigkeit, das Rätseln, die vielen Fragen, den ständigen Konflikt und die Gewalt! Vor allem wünsche ich dir, dass du begreifen kannst, dass all dies keinen Platz hat in einem glücklichen Leben! Erlaube dir deine Entwicklung in die Freiheit!