„Eigentlich kann ich mich gar nicht mehr genau daran erinnern, wann ich zum letzten Mal wirklich glücklich und entspannt war. Ständig liege ich auf der Lauer, habe Angst, etwas falsch zu machen und mir dadurch seinen (ihren) Zorn zuzuziehen. Das bedeutet dann nämlich immer: Bestrafung! Heftige Bestrafung! Lange Bestrafung! Eine Bestrafung, die viel, viel schlimmer ist als mein vermeintliches Vergehen. Wenn ich nur wüsste, was ich machen muss, damit ich seinen (ihren) Zorn nicht provoziere und wenn ich nur wüsste, warum sich alles so verändert hat. Schließlich hat es doch einmal angefangen wie im Märchen. Warum ist jetzt nur noch Chaos, Anspannung, Streit und Ohnmacht übrig? Langsam weiß ich wirklich überhaupt nicht mehr, wie ich das alles noch aushalten soll. Mit meiner Familie und mit meinen Freunden mag ich schon gar nicht mehr darüber reden. Die nehmen mich doch nicht mehr ernst, wenn ich mich ständig über ihn (sie) beklage und trotzdem bei ihm (ihr) bleibe. Ich weiß auch, dass sie sich Sorgen um mich machen, dass sie längst der Meinung sind, ich müsse ihn (sie) verlassen…..ja, und im Grunde weiß ich das auch selber, aber ich schaffe es einfach nicht. Jedesmal, wenn ich nicht mehr kann und aus Wut oder Traurigkeit alles hinschmeißen will, dann holt mich spätestens nach ein paar Tagen alles wieder ein und ich stehe erneut bei ihm oder ihr auf der Matte!
Gibts denn da gar keinen Ausweg? Ich komme mir schon so blöd vor, und ehrlich gesagt schäme ich mich schon langsam vor mir selbst, dass ich diesen Zwang, immer wieder zu ihm oder ihr zurückzugehen, nicht in den Griff bekomme. Eigentlich bin ich ansonsten nämlich ganz touch. Das mit meiner Arbeit krieg ich gut hin, und Haushalt bzw. Kinderbetreuung laufen im Grunde ganz gut, nur diesen Menschen aufzugeben, das will mir einfach nicht gelingen. Ich habe wirklich schon alles versucht, und so langsam packt mich auch wirklich die Verzweiflung, dass ich es überhaupt nie schaffen werde. Dabei merke ich doch selbst, wie ich daran kaputt gehe, innerlich zerbreche und nur noch ein Schatten meiner selbst bin! Bin ich viellicht sogar schon traumatisiert?“
Diese und ähnliche Schilderungen gehen praktisch täglich in meiner Praxis ein.
Verzweifelte, hilflose Menschen, die manchmal schon die Hoffnung auf ein normales (besseres) Leben aufgegeben haben. Die sich damit abgefunden haben, dass sie an der „Angel hängen“, ausgeliefert sind, so paralysiert, dass sie nur noch wie auf rohen Eiern durch ihr Leben laufen. Ihr Selbstwert und ihr Zutrauen in ihre Selbstwirksamkeit sind am Boden, aber so richtig. Sie haben die Kontrolle vollständig an den Narzissten abgeben (müssen), und sich in ihr Schicksal gefügt. Sie haben sich abgefunden mit einem „kleinen“ Leben, in dem sie kontrolliert und schikaniert werden, verbal und/oder körperlich misshandelt, in dem Gewalt den Alltag bestimmt – und sei sie nur verbal.
Angst ist ihr tägliche Begleiter. Angst vor Zurückweisung, Angst, etwas falsch zu machen und so den Zorn des Narzissten auf sich zu ziehen, Angst, wieder tagelang verstoßen zu werden, keine Antwort zu bekommen, ignoriert und tyrannisiert zu werden. Das hält kein Mensch aus! Dafür ist unser Körpersystem nicht ausgelegt und auch unsere Psyche macht das auf Dauer nicht mit. Das Ende vom Lied ist, dass wir immer schwächer werden, bis wir am Ende zusammenkrachen. Physisch und/oder psychisch. An diesem Punkt gelingt es manchmal, aus dem toxischen Kreislauf mit dem Narzissten auszusteigen. Dann ist der Leidensdruck so enorm hoch, dass die Betroffenen spüren, ihr Leben hängt am seidenen Faden. Im Abstand vom Narzissten erholen sich die Opfer mehr schlecht als recht, sie sind im Grunde viel zu traumatisiert, als dass sie in eine wirkliche Heilung kommen. Allerdings wächst das Selbstvertrauen wieder ein ganz klein wenig, wenn liebevolle und zugewandte Menschen da sind und sich kümmern. Sobald also wieder ein bisschen Energie da ist, ein bisschen – Sich-aufrecht-halten-Können, wird der Narzisst erneut auf der Matte stehen und sich diese Energie holen wollen. Du bist wieder attraktiv für ihn (sie), es gibt nämlich wieder was zu holen bei dir.
Diesen circulus vitiosus kann es viele Male geben und gibt es in der Regel auch. Mir ist noch kein einziges Opfer begegnet, das beim ersten „Erkennen“ ausgestiegen ist und dauerhaft weggeblieben. Im Gegenteil, genau der on-off-Modus ist ja so typisch für toxische Beziehungen. Wir hängen „an der Nadel“, wir können nicht mehr ohne ihn/sie, alles andere erscheint uns langweilig, uninteressant, nichts gibt uns einen solchen Kick wie das Zusammensein mit dem vermeintlichen Traum-Menschen. Nur er kann uns von unserem Schmerz erlösen. Dabei vergessen wir leider, dass auch ER es ist, der uns den Schmerz zufügt, und dass uns ohne ihn gar niemand von einem Schmerz erlösen müsste!

Peu à peu verlieren wir also mehr und mehr an Kraft, und peu à peu verliert deshalb auch der Narzisst das Interesse an uns. Wir werden für ihn zur Belastung, es gibt nicht mehr viel zu holen bei uns, so wird der Narzisst also immer unzufriedener, er wird uns das vorwerfen, was er anfangs so toll an uns fand, er wird sich permanent beschweren, wie schlecht er doch dran ist mit uns und wie froh wir doch sein können, dass er überhaupt so viel Geduld mit uns hat und nicht schon längst weg ist. All diese Vorwürfe nehmen wir für bare Münze, was uns noch kleiner werden lässt und uns noch unsicherer macht. Es gibt für uns nur noch einen Weg: NACH UNTEN! Die Kraft geht verloren, die Lebensfreude geht verloren, der Mut geht verloren und am Ende stellen wir nicht selten das ganze Leben infrage und uns selbst sowieso!
Dieser toxische Kreislauf kann uns ins Verderben führen, wenn wir nicht rechtzeitig die Handbremse ziehen! Diese Gehirnwäsche wirkt so subtil, dass wir sie lange gar nicht mitbekommen. Dadurch, dass der Narzisst uns permanent die Schuld zuweist, lenkt er von sich und seinen Schwächen ab und „steter Tropfen höhlt den Stein“ – bis wir irgendwann selbst glauben, dass wir zu nichts fähig, zu nichts nütze sind und froh sein können, wenn er bei uns bleibt!
Genau dieses Ziel verfolgt der Narzisst
und genau da will er uns haben! Isoliert von Freunden und Familie, gefügig, weil ohne jegliches Selbstbewusstsein, seelisch und körperlich zu schwach, um noch Widerstand zu leisten, so geben wir irgendwann gebrochen auf und der Narzisst übernimmt vollständig das Ruder für unser Leben. Er kann uns absorbieren, er kann uns benutzen, er kann uns wegwerfen oder wochenlang in eine Ecke stellen. Irgendwann sind wir nur noch eine leere Hülle und lassen all dies mit uns geschehen! Und all die Menschen, die es gut mit uns meinen, die uns mögen und schätzen, die haben irgendwann auf dieser Strecke das Handtuch geworfen, haben eingesehen, dass sie keinen Einfluss mehr auf uns haben, und wir vollständig unter der Herrschaft des Narzissten stehen.
Der Narzisst regiert unsere Welt
Es gibt keine anderen Themen als den Narzissten. Es gibt keine anderen Quellen mehr für Freud` und Leid! Nur ER kann noch Emotionen in uns auslösen, alles Andere berührt uns nicht mehr wirklich. Ob wir einen guten oder einen schlechten Tag haben, all das hängt nur noch mit ihm zusammen. Wir sind fokussiert darauf, unsere tägliche „Ration“ zu bekommen, ansonsten geraten wir in den Entzug! Wir leiden, sind schon lange nicht mehr glücklich, wissen ganz genau, dass dieser Partner uns ins Verderben führt, wir können eigentlich auch kein gutes Haar mehr an ihm lassen, und kommen doch nicht los!
Wenn diese Schilderung von dir handelt, oder wenn du ähnliche Erlebnisse hast, in einer vergleichbaren Situation bist, dann nimm dies als Zeichen dafür, JETZT in die Veränderung zu gehen! Dir JETZT Hilfe zu holen und dich JETZT nicht aufzugeben. Es gibt Hoffnung und es gibt Hilfe! Lege JETZT einen STOPP ein – bleib stehen und hör auf, in die falsche Richtung zu laufen!
Informiere dich, beschäftige dich mit Ausstieg und Trennung!
Das wird nicht von jetzt auf gleich gehen, aber es geht! Das wird nicht immer leicht sein, aber es ist zu schaffen! Gib nicht auf, du bist nicht schuld, dass du da reingeraten bist, aber du kannst die Verantwortung dafür übernehmen, dass du da wieder rauskommst! Das Leben hat mehr zu bieten als Ablehnung und Schmerz!
Wie schaffst du das nun:
- Bleib nicht alleine mit dem, was du erlebst und mit deiner Situation. Schließe dich anderen Betroffenen an. Bei uns gibt es hierzu verschiedene Hilfsformate, die wir dir unter dem Video verlinken
- Lasse dich professionell begleiten, denn Abhängigkeit darf nicht unterschätzt werden. Es ist keine Kleinigkeit, sich da herauszubeugen. Und – wenn du diese schwierige Lebensphase zur Aufarbeitung Nutz, wenn du ergründest, was dich da hineingezogen hat und warum du so lange nicht mehr herausfindest, dann hast du aus all dem Schmerzhaften noch einen Gewinn gemacht.
- Suche dir einen Ausstiegshelfer. Das können Leute aus Netzwerken sein, die selbst mal betroffen waren, aber die Verarbeitung schon hinter sich gebracht haben und weiter sind in diesem Prozess.
- Bleib nicht stehen, indem du täglich die Schandtaten deines Narzissten erträgst und erzählst. Dein Gehirn hört immer mit. Wenn du regelmäßig über ihn jammerst und klagst, wird deine Zukunft ganz genauso aussehen. Eine Zukunft mit jammern und klagen. Du gewinnst durch die Wiederholungen immer mehr die Überzeugung, ein Opfer zu sein, in dieser Rolle hilflos und verloren, ohne Aussicht auf Veränderung. Das ist nicht der Weg.
- Geh weiter, indem du dich aktiv und ganz konkret entschließt, den Prozess anzugehen, durchzumarschieren und dann damit abzuschließen. Achte auf deine Worte. Wiederhole nicht: Ich hatte eine schwere Kindheit, ich gerate immer an die falschen Partner, ich wurde schon immer schlecht behandelt…..denn dein Gehirn versucht, all diese Überzeugungen im Außen wieder zu finden und somit wirst du auch zukünftig die falschen Partner anziehen, es schwer haben und schlecht behandelt werden.
Entscheide dich jetzt dazu, den Prozess anzugehen, indem du z. B. In eine unserer Gruppen kommst oder in eins unserer Programme oder auch bei jemand anderem, auf jeden Fall professionell geleitet und mit anderen Betroffenen in der Runde, dann durchlaufe den Prozess konkret, indem du verstehst und verarbeitest und dann verabschiede dich. Geh aus den Gruppen wieder raus und wende dich einem neuen Lebensabschnitt zu. Achte auf deine Überzeugungen und wie du dich selbst siehst und behandelst. Ich wünsche dir, dass Narzissmus nur ein Abschnitt in deinem Leben ist, der dich dazu gebracht hat, schmerzhafte Themen anzuschauen und gestärkt daraus hervorzugehen. Für diese Transformation ist dieser Weg unumgänglich, nach meiner Erfahrung, aber auch von großem Gewinn und Nutzen für dich, weil du dir selbst näher kommst und Narzissten endgültig der Vergangenheit angehören.