von Angelika Beck

Wer stark und häufig kritisiert wurde, als Kind oder als junger Erwachsener, der kann diesen Wunsch vielleicht nachvollziehen. Ein jeder von uns hat ja so seine inneren Stimmen und ich weiß nicht, wann eure aktiv werden und wann euer innerer Kritiker auf dem Plan steht, aber bei mir ist es z. B. bei manchen Entscheidungen. Da gehe ich im Kopf nochmal alle Optionen durch und bin noch ganz ruhig, da springt plötzlich so ein Teufelchen dazwischen und schreit: „Wie kann man nur so einen Geschmack haben?“ oder „Das kann einem doch gar nicht gefallen!“

Anlass für dieses Dilemma ist aktuell mein Versuch der Anpassung an die Corona-Krise. Wer mich länger und besser kennt, der weiß, dass ich die letzten 4 Jahre in Ägypten verbracht habe und seit 2020 wieder in Deutschland bin. Hier habe ich sozusagen meine Basisstation, die genügend Raum und Potenzial bietet, nur möchte ich sie dergestalt anpassen, dass sie wieder und noch besser zu mir passt. Das bedeutet konkret, Räume werden getauscht, andere Möbel müssen her und vieles fliegt raus. So weit, so gut! Eigentlich doch überhaupt kein Problem, nicht wahr?

Oh doch, für mich schon. Ich halte mich generell für eine sehr taffe und auch entschlossene Person. Ich bin willensstark und kann mich gut durchsetzen. Einflüsse von außen haben es nicht wirklich leicht bei mir, denn ich habe, was mich als Privatperson betrifft, durchaus Klarheit und auch Coolness. ABER: Wenn es um Entscheidungen den Geschmack betreffend geht, dann mischt sich sofort die Stimme meiner Mutter ein, die ruft: „Das ist doch „hoch scheußlich, das kann man doch nicht kaufen.“ Oder: „Wie konntest du denn das….da…hier…an diese Seite stellen. Oder….das muss man…..aufteilen. Die Farben passen aber nicht, man muss ein Zimmer immer….einrichten.“

Schon als Jugendliche habe ich sie gefragt, warum die Möbelhäuser eigentlich nicht nur 1 Sofa hätten, nämlich das, das sie für gut befindet. Warum gibt es Eiche rustikal und Ikea Billy? Weil es unterschiedliche Menschen gibt, nicht wahr? Und wer bestimmt eigentlich, was ein guter und was ein schlechter Geschmack ist? Und gibt es so etwas wie einen richtigen Geschmack und einen falschen? Natürlich nicht, und der Witz ist ja, dass alle Menschen, die zu mir kommen, ganz begeistert sind von meinem Zuhause und es als besonders schön und harmonisch beschreiben. Ich könnte also diesbezüglich absolut selbstsicher auftreten, es gelingt mir aber nicht. Beziehungsweise gelingt es mir nur, indem ich diese fu…ing inneren Stimmen zum Schweigen zwinge. Schon bei der Auswahl im Internet höre ich: „Das ist doch nicht schön, das wird dir ja wohl nicht gefallen!“ Hihi, eine Drohung für bzw. gegen den Geschmack. Das ist doch mal richtig geil.

Nun gut, so komme ich ja nicht voran, bewege mich 2 Schritte nach vorn und 2 zurück. Nun habe ich doch tatsächlich einen neuen Schreibtisch gekauft, ein wunderschönes antikes Stück, in das ich mich sofort verliebt habe. Da war völlig klar für mich, egal, wer was sagt, das ist meiner! Nach der Lieferung und dem nächsten Besuch meiner Mutter wollte sie natürlich sehen, ob ich etwas „Gescheites“ gekauft habe und tatsächlich war sie total begeistert, völlig aus dem Häuschen über dieses edle und wundervolle Möbel.

Und da ist etwas Interessantes passiert. Es war mir nämlich……egal! Es war mir tatsächlich egal, ob sie den Schreibtisch schön fand oder furchtbar. Ob sie mal wieder meinen Geschmack niedermachte oder nicht, ob sie mich lobte oder kritisierte. Es war mir egal und dieses Gefühl war tatsächlich wie Weihnachten ohne Lockdown!

Leute, dieses locker-Bleiben und dieses mir-doch-egal….ich bin abgekoppelt, das ist eine enorme Freiheit und ein Wohlbefinden ungeahnten Ausmaßes. Ganz früher war es mir sehr wichtig, dass sie einverstanden ist, denn das war sozusagen der Segen für meinen guten Geschmack. Dann kamen Jahre des „Ich will, dass es mir egal ist!“, das war in meinem Kopf, aber gefühlt habe ich es nicht. Und jetzt ist es einfach losgelöst, unabhängig, frei und un-versklavt.

Warum erzähle ich euch das überhaupt? Nun, zum einen möchte ich euch zeigen, dass auch Therapeuten Themen haben und zum anderen möchte ich euch Mut machen, dass man inneren Zwängen entkommen kann und toxische Verbindungen bzw. Einflussnahmen stoppen.

Meine Mutter war gar nicht schuld an dem Dilemma. Sie hat einen exzellenten Geschmack und das ist ja wunderbar – für sie. Es ist aber nicht mein Geschmack und ich darf beim Finden sogar Fehler machen, falsche Stücke kaufen und wieder loswerden, Möbel kaufen, die mir nach einer Weile nicht mehr gefallen und sie dann umstreichen lassen. Teile anschaffen, die mir im Laden oder auf irgendeiner Homepage, aber nicht in meinem Zuhause gefallen und, und und….

Wichtig ist, dass ich mich ausdrücke in meiner Umgebung und in meinen Möbeln. Wichtig ist, dass ich mir selbst beweise, dass mir niemand meinen Geschmack vorschreibt. Das muss aber auch ich tun. Ich muss die Grenzen ziehen und ich darf nicht mit meinem Laptop zur Mutter springen und fragen – mit großen Augen – „Wie findest du….. „? Ich musste sozusagen nachreifen auf diesem Gebiet des Möbelkaufs, hihi.

Schließlich – wie soll ich denn meinen Geschmack kennen, wenn ich nie die Möglichkeit hatte, ihn zu erproben? Und wie soll ich ein gutes Ziel für mich erreichen, wenn ich keine Fehler machen darf? Darum gebe ich mir heute, hier und jetzt das Versprechen: Alles, was ich in dieser Richtung an Autonomie und Unabhängigkeit erwerbe, ist ein Fortschritt. Dazu gehören Fehler und ich bin schon selbst gespannt, wie viele ich machen werde. Andere haben diese Erfahrungen mit Anfang 20 gemacht und ich mache sie mit 50. Ist doch egal – besser spät als nie 🙂

Wenn du auch so eine Entscheidung treffen möchtest, eine Verpflichtung mit dir selbst unter Wahrung deiner Würde eingehen, wenn du Grenzen ziehen willst, endlich, um frei zu sein und dein Leben ausprobieren zu können, dann schreib es gern in die Kommentare oder als Rückmeldung an mich per Mail. Ich finde es spannend und in meinen Augen ist es eine richtig gute Sachen, innere Veränderungen auch im Außen sichtbar zu machen. Zum Beispiel in der Wohnung, mit einer neuen Frisur, mit Farben usw.

Teilen wir doch unsere Befreiungsaktionen und Freiheitserfahrungen hier miteinander und bestärken uns auf dem Weg in die Autonomie. Wir bezahlen selbst für unsere Fehler, wir übernehmen auch die Verantwortung für ein unpassendes Sideboard und wir leben mit den Konsequenzen. Ergo – lass dir niemals und von niemandem dein Leben aus der Hand nehmen! Und nehme keinen Rat von einer Person an, die du nicht auch von dir aus um Rat fragen würdest. Viele Rat gebende haben nämlich auch nicht wirklich den Durchblick –  sondern tun nur so 🙂 !

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