Wenn du in dein Navi keinen Zielort eingibst, weiß es nicht, wohin es dich leiten soll. Das ist uns meist noch bewusst, ABER, wenn dein Navi nicht weiß, wo du aktuell stehst, kann es eben auch keine Fahrempfehlung aussprechen. Will heißen, wir brauchen zwingend einen Ausgangspunkt A und einen Zielpunkt B!
Lassen wir uns von Zeitschriften oder anderen Psycho-Quellen beeinflussen, dann geht es meist darum, wo wir hin wollen, was unsere Ziele sind, welche Vorhaben wir fürs kommende Jahr planen usw. Das ist selbstverständlich nicht verkehrt und ein Blick dorthin lohnt sich allemal, JEDOCH, ich kann meinen Weg dorthin, die Strecke, den Höhenunterschied usw. nur dann festlegen, wenn ich die Ausgangslage kenne. Und dieser wird, nach meiner Erfahrung, viel zu wenig Aufmerksamkeit geschenkt.
Es mag daran liegen, dass es unbequem ist, sich der Wahrheit zu stellen, es mag auch daran liegen, dass es schmerzhaft ist, weil man noch immer am selben Punkt steht wie 2 Jahre zuvor. Weil man schon so oft Ziele hatte und sich im Grunde nicht von der Stelle bewegt hat. Da kommt man dann ins Gehege mit sich selbst. Um dieses negative Gefühl zu vermeiden, schaut man also lieber gar nicht erst auf den Punkt: „Wo stehe ich heute?“
So verständlich das ist, so hinderlich ist es auch. Bei jeder Wanderführer steht mit dabei, wo die Wanderung beginnt, wo sie endet, wie lange der Weg dauert und sogar noch, wie anspruchsvoll der Weg ist. Wäre das nicht auch für Lebenswege sinnvoll? Damit wir realistisch zustimmen können, ob dieser Schwierigkeitsgrad in unserer momentanen Verfassung überhaupt leistbar ist? Oder ob ich nur eine Teilstrecke schaffe oder Unterstützung, sprich Begleitung, brauche? Ob ich manche besonders schwierige Strecke mit einer Seilbahn oder einem Lift überwinden sollte, (z. B. in Form eines mich begleitenden Therapeuten, der mich ein Stück da durch trägt), wo ich Pausen brauche und was mein Tempo ist? Wäre das nicht viel erfolgversprechender als einfach drauflos zu marschieren und nach ein paar Metern wieder abzubrechen?
Und wie wäre es, mit anderen gemeinsam das Ziel auszumachen, mit genau solchen Wegbegleitern, die am selben Ausgangspunkt stehen wie ich? Sodass ich ein Netzwerk habe, nicht allein bin in Wald und Flur und vom Austausch profitiere? Wo ich mich wieder als selbstwirksam erlebe, weil auch ich mich einbringen kann? Wenn ich nicht mehr allein bin mit meiner Misere und meine Selbstzweifel noch immer größer werden mit jedem Versuch, der misslingt?
Ich möchte dir an dieser Stelle eine kleine Übung anbieten zu deiner ganz persönlichen Standortbestimmung:
Unabhängig davon, ob du noch in der narzisstischen Beziehung bist oder warst, beantworte doch einmal für dich die Frage: „Welche 6 Anforderungen habe ich an eine Beziehung? Welche Bedürfnisse und Wünsche?“ Dann notiere diese 6, völlig unabhängig davon, ob sie erfüllt werden oder nicht. „Wenn du die freie Wahl hättest, was würdest du dir von deinem Beziehungspartner wünschen?“
Nachdem du die 6 Begriffe notiert hast, skalieren wir sie. Das bedeutet, du gibst ihnen einen Wichtigkeitsgrad von 0 bis 10. Dabei bedeutet 0 = überhaupt nicht wichtig und 10 = maximal wichtig. Wahrscheinlich hast du lauter hohe Zahlen, weil es ja deine Bedürfnisse sind und deshalb eine große Rolle spielen, ergo wichtig sind.
Im nächsten Schritt schreibst du als zweite Zahl hinter das Bedürfnis die Antwort, die du auf die Frage: „Wie sehr wurde dieses Bedürfnis von meinem Partner befriedigt?“
Wenn er ein Narzisst/eine Narzisstin ist, wird diese Zahl vermutlich sehr klein sein. Die Diskrepanz zwischen den Bedürfnissen, die du hast und der Erfüllung dieser durch deinen Partner kann dir aufzeigen, wo deine Beziehung steht und wie sie auch in 5 Jahren aussehen wird. Denn der Narzisst wird nicht plötzlich seine Empathie entdecken oder aufhören, dich abzuwerten. Er wird nicht plötzlich warmherzig, zugewandt und gütig. Er wird nicht ehrlich und treu, wenn er es die letzten Jahre nicht war. Mach dir also bewusst, dass der Stand, der heute gilt, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch das Bild ist, wie du in 5 Jahren lebst, wenn du mit ihm zusammen bleibst.
Einen schönen dritten Advent wünscht dir
Angelika mit Team